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Alltagsperlen

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Minimalismus: Mein Weg in die Unabhängigkeit

14. Juni 2019 von Julian Meier 4 Kommentare

Zwei Menschen tragen Umzugskartons

Minimalismus. Die meisten haben diesen Begriff schon einmal irgendwo aufgeschnappt. Durch Freunde, im Gespräch mit Arbeitskollegen oder spätestens, wenn man durch die Beiträge auf Instagram scrollt. Wieder ein neuer Trend, wieder ein neuer Lifestyle. Haben wir davon nicht schon genug? Will ich alle meine Sachen loswerden? Nein.

So dachte ich zumindest immer über Minimalismus, als er für mich noch ein Begriff unter vielen war. Doch weit gefehlt. Wie ich feststellten durfte, ist er eigentlich genau das Gegenteil eines Trends. Minimalismus ist kein Status, den man erlangt, indem man alle seine Sachen verkauft. Er ist eine Lebenseinstellung. Eine Lebenseinstellung, die die Freiheit anstrebt. Frei von Ballast, möglichst viel Raum für die persönliche Selbstentfaltung. Perfekt für einen freiheitsstrebenden Menschen wie mich. Darüber hinaus ist Minimalismus überaus sinnvoll und nachhaltig. Im folgenden Artikel möchte ich dir eine kleine Einführung geben, was Minimalismus ist und warum er vielleicht auch für dich interessant sein kann.

Die Gegenbewegung zum Leben im Überfluss

Minimalismus ist ein sehr breiter Begriff unter dem vieles verstanden werden kann. Der Minimalismus, den ich lebe und auf den sich dieser Artikel bezieht, beschreibt den Lebensstil, mit wenigen Dingen ein sinnvolles und nachhaltiges Leben zu führen. Ein Minimalist fokussiert sich bewusst auf die Dinge, die ihm einen wirklichen Mehrwert bieten, ihm Freude bereiten oder mit seiner persönlichen Wertevorstellung übereinstimmen. Von den anderen Dingen versucht er sich möglichst zu trennen, weil sie für ihn Ballast darstellen.

Ein minimalistisches Leben zu führen ist keine Erfindung unserer Zeit oder, wie eingangs erwähnt, ein neuer Trend. Askese, der Überbegriff von Minimalismus, wird schon seit vielen Jahrhunderten in Religionen und Glaubensgemeinschaften gelebt. Durch Verzicht soll ein zufriedeneres Leben erreicht werden. Der heutige Minimalismus wird nicht von bestimmten Gruppen gelebt, sondern kann vielmehr als Gegenbewegung zum aktuell vorherrschenden Leben im Überfluss in den westlichen Industrienationen gesehen werden. So viel zur Definition.

Mein Weg zum Minimalismus

Ich habe mich Ende 2018 zum ersten Mal intensiver mit dem Thema Minimalismus beschäftigt. Einerseits aus Interesse, andererseits auf der Suche nach Auswegen aus meiner von Unruhezuständen und Panikattacken geplagten Situation nach dem Studium. Der erste Berührungspunkt war für mich der Podcast “The Minimalists” von Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus.

Die wohl bekanntesten Minimalisten derzeit, beschreiben in ihren Podcast-Folgen und einer Netflix-Dokumentation, wie sie mit Ende 20 begannen sich Stück für Stück von den materiellen und immateriellen Dingen zu trennen, die ihnen keinen Mehrwert mehr boten. Beide hatten zuvor gut bezahlte Jobs gehabt und sich dennoch oder gerade deshalb für den Minimalismus entschieden. So weit so gut.

Der Grund, weshalb ich mich letztlich dafür entschied selbst Minimalist zu werden, war im Prinzip trivial. In einer der Podcast-Folgen wurde beschrieben, dass Besitz nicht nur unfrei macht, sondern unterbewusst auch Stress auslösen kann. Irgendwie fühlte sich das genau nach meinem Problem an. Ich verbrachte also fast jede freie Minute damit, mir die Folgen anzuhören, in denen Joshua und Ryan beschrieben, wie man zum Minimalisten wird.

Der erste Schritt war naheliegend. Ich trennte mich von vielen Dingen, die sich im Laufe der Jahre in meinem WG-Zimmer angesammelt hatten. Doch wie sortiert man aus? Was kann man tun, damit man am Ende nicht wieder alles in Schubladen packt und sich zum Beispiel aus sentimentalen Gründen doch nicht von Dingen trennt?

Jeder hängt an seinen Besitztümern. Selbst konsequente Minimalisten kommen immer wieder an den Punkt, an dem sie sich von manchen Dingen nur schwer oder gar nicht lösen können, obwohl sie sie im Grunde nicht wirklich benötigen.

Minimalisten unterscheiden zwischen drei verschiedenen Varianten des Ausmistens:

  1. Die radikalste Variante ist, alles herzugeben und sich gebraucht das wieder zu besorgen, was tatsächlich benötigt wird.
  2. Etwas weniger radikal ist die Umzugskarton-Variante, bei der jeglicher Besitz in Umzugskartons verstaut wird. Die Dinge, die nach einem bestimmten Zeitraum (z.B. 14 Tage) immer noch in den Kisten sind, werden verschenkt, verkauft oder entsorgt.
  3. Die am wenigsten drastische Variante ist das Ausmisten nach Bereichen des Besitztums. Man mistet zum Beispiel als erstes den gesamten Bestand an Kleidung aus, danach folgen technische Geräte usw.

Für mich kam nur die 3. Variante in Frage, weil ich zu Beginn nicht zu radikal vorgehen und zunächst testen wollte, ob Minimalismus wirklich das Richtige für mich ist. Ich fokussierte mich auf die einzelnen Bereiche meines Besitztums und mistete diese konsequent nach den Kriterien Nutzen und Freude aus. So reduzierte sich zum Beispiel mein Anteil an Kleidung um 50 bis 70 Prozent. Ich hatte bei meinem Bestand an Kleidung immer das Gefühl im Vergleich zu anderen noch relativ sparsam zu leben. Tatsächlich standen schlussendlich aber fünf volle IKEA-Taschen an nicht benötigten Klamotten in der Mitte meines Zimmers. Den Großteil davon hatte ich in den letzten Jahren nicht ein einziges Mal angezogen. Ich bin mittlerweile der festen Überzeugung, dass auch beim Tragen von Kleidung das Pareto-Prinzip gilt: 20% der Kleidung trägt man zu 80% der Zeit. Nach diesem Prinzip ausgemistet, reduziert sich jeder noch so kleine Kleiderschrank um einen wesentlichen Anteil.

Egal mit welchem Bereich man anfängt, der Anfang ist am schwersten. Bei jedem weggegebenen Gegenstand hatte ich das Gefühl etwas zu verlieren. Nicht selten legte ich Dinge in den Ausmistkarton nur um einige Gedanken später fast schon schuldbewusst wieder danach zu greifen. “Ich könnte es ja doch noch gebrauchen” oder “das hat mir XY damals geschenkt, das kann ich jetzt nicht entsorgen” waren die Hauptausreden.

Mit der Zeit fand ich Wege die Momente des Zweifels zu überwinden. Konnte ich mich von einem Gegenstand nicht lösen, stellte ich mir beispielsweise immer die Frage, für welchen Zweck ich den jeweiligen Gegenstand wirklich benötigte. Häufig gab es darauf keine Antwort und ich entledigte mich ohne weiteres Überlegen des Gegenstandes. Das Gefühl sich von unnötigen Dingen zu lösen wurde zunehmend befreiender. Ich finde es ist so ähnlich wie mit dem Fitnessstudio. Man muss sich erst dazu überwinden, um später das Glücksgefühl zu ernten. Und dieses Glücksgefühl ist die Initialzündung für alles Positive was darauffolgt.

Ich versuchte anschließend in allen Bereichen meines Lebens zu reduzieren. Ich verkaufte meine über Jahre angesammelten Technikschätze (als Technik-Fan war das besonders schwierig) und warf stapelweise alte Unterlagen und Ordner weg.

Am schwierigsten war für mich jedoch das Ausmisten meiner Bücher. Ich bin großer Fan von Literatur, weil Wissen für mich von unschätzbarem Wert ist. Entsprechend umfangreich war mein Bücherregal. Mich von vielen dieser Werke zu trennen, war in etwa so schwer wie für den Modefetischisten das Assortieren von Schuhen und Kleidung. Ein Trick, der mir diesen Prozess immens erleichterte, war das Anfertigen von (Inventar-) Listen. Ich lud mir eine App zum Scannen der Bücher-Barcodes herunter und kategorisierte alle Bücher, die ich besaß. Zumindest hatte ich damit die Möglichkeit die Werke (die ich sowieso alle schon gelesen hatte) nachträglich wieder zu beschaffen. Noch besser: die wichtigsten Bücher konnte ich über meinen E-Reader digital beziehen.

Das Ausmisten wurde zu einer Art Leidenschaft, ja fast schon zu einer Sucht. Als ich meinen materiellen Besitz auf ein Minimum reduziert hatte, ging es meinem digitalen Leben an den Kragen. Mir war schon vorher klar, dass mein Handy- und Computerkonsum zu hoch war. Mein iPhone erinnerte mich regelmäßig daran, dass sich meine Bildschirmzeit im Vergleich zur Vorwoche wieder einmal deutlich erhöht hatte. Als Softwareingenieur ist das Reduzieren des Smartphone- und Computerkonsums natürlich nicht ganz so einfach. Dachte ich mir zumindest immer. Es stellte sich jedoch heraus, dass das durchaus möglich war. Die mit Abstand meiste Zeit verbrachte ich nämlich damit, mir die neuesten Beiträge auf Instagram, Facebook, LinkedIn & Co. durchzulesen. Auch hier fragte ich mich, wofür ich welches soziale Netzwerk tatsächlich benötigte. Bei Instagram und Twitter war schnell klar, dass diese mir eigentlich keinen Mehrwert boten. Konsequenterweise löschte ich deshalb beide Konten. Facebook und LinkedIn waren für mich weiterhin sinnvoll, weil ich über Facebook noch Zugriff auf wichtige Gruppen und über LinkedIn Kontakt zu (potentiellen) Geschäftspartnern halten konnte. Durch das Löschen der Apps, nicht aber der Konten, reduzierte ich zumindest die Zeit, die ich aus Langeweile auf den Plattformen verbrachte. Von ursprünglich drei bis vier Stunden pro Tag, konnte ich durch relativ geringfügige Maßnahmen meinen Handykonsum auf täglich maximal eine Stunde reduzieren.

Ähnlich sah das bei meinen Finanzen aus. Du kennst vermutlich auch das Gefühl, am Ende des Gelds noch zu viel Monat übrig zu haben. “Living paycheck to paycheck” wird das im Englischen beschrieben. Auch wenn das bei mir nicht ganz so drastisch war, gab ich häufig Geld für Dinge aus, die ich im Grunde schon nach dem Kauf bereute oder nicht benötigte. Es ist das typische Dilemma des Kapitalismus. Eigentlich braucht der Mensch nicht viel zum Leben. Uns wird in Filmen, in Werbeanzeigen und Zeitschriften nur immer vermittelt, dass zu einem erfüllten und bewundernswerten Leben ein Haus, ein Auto und möglichst viel Luxus und Konsum gehört. Als Minimalist wollte ich einen Ausweg aus diesem Hamsterrad finden. Wo aber anfangen? Ich war bis dato aber immer zu faul Haushaltsbuch zu führen. Ich wollte nicht jeden Kaffee notieren, geschweige denn viel Zeit aufwenden, um am Ende des Monats ein paar mehr Euros auf dem Konto zu haben. Auch hier half mir eine Podcast-Folge von “The Minimalists”. Sie empfahlen eine Banking-App zu verwenden. Tatsächlich fand ich auch eine für mich sinnvolle App, die mir die Planung meiner Finanzen deutlich vereinfachte. Am besten war jedoch die Tatsache, dass ich am Ende des Monats auf einmal Rücklagen bilden konnte! Ich werde in einem späteren Artikel noch einmal konkret auf meine Finanzplanung mit dieser App eingehen.

Wie du siehst, geht es beim Minimalismus nicht nur um möglichst wenig Besitz, sondern um ein bewussteres und zufriedeneres Leben. Das dies mit einem deutlich reduzierten Konsum einhergeht ist eigentlich naheliegend. Materieller, aber auch immaterieller Besitz können uns eigentlich nur unserer Freiheit berauben. Nichtsdestotrotz zeichnen die meisten Berichte oder Dokumentationen über Minimalismus immer noch ein meist negatives Bild des Verzichts, ein Bild der eigenen Einschränkung. Vermutlich liegt es aber einfach am grundlegenden Interessenskonflikt. Wer möchte schon gerne an einem System rütteln, das uns über die vergangenen 70 Jahre zu einem der reichsten Länder der Erde gemacht hat…

Vielleicht ist es aber an der Zeit aus dieser Position der Stärke einen Wandel einzuleiten. Ein Wandel weg von der Utopie des unendlichen Wachstums hin zu einer bewussteren und nachhaltigeren Lebensweise. Der Minimalismus ist sicherlich nicht das Heilmittel aller Probleme, hat jedoch durchaus das Potential Verbesserungen für den Einzelnen aber auch die Gesellschaft herbeizuführen.

Ich hoffe, ich konnte dir einen interessanten Einblick in mein Leben als Minimalist geben und würde mich über dein Feedback und vielleicht sogar eigene Erfahrungen freuen.

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Kategorie: Alltag

Über den Autor

Julian ist Millennial und stellt wann immer es geht den Status Quo infrage. Ihn treibt wie viele andere die Frage nach dem richtigen Weg um. Er versucht möglichst viele seiner Gedanken, Erfahrungen und Erlebnissen in Worte zu packen, um andere an seinem Weg teilhaben und sich von ihren Anregungen inspirieren zu lassen.

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Kommentare

  1. Jana meint

    15. Juni 2019 um 21:07

    Toller Artikel! Habe gerade heute wieder meinen Kleiderschrank ausgemistet – ich glaube zum dritten oder vierten Mal dieses Jahr, es wird immer weniger 🙂

    Antworten
    • Julian Meier meint

      23. Juni 2019 um 21:53

      Danke dir Jana! 😉 Das klingt doch super… Ich kenne das übrigens auch, dass man auch nach mehreren Malen Ausmisten immer wieder Dinge findet, die weg können. Vermutlich ist das wie ein Loslösungsprozess 😀

      Antworten
  2. Christoph meint

    23. Juni 2019 um 16:30

    Toller Blog wirklich sehr inspirierend 😊 mach weiter so!!

    Antworten
    • Julian Meier meint

      23. Juni 2019 um 21:54

      Danke Schlatti! 😛 😉

      Antworten

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